Arzt
Wenig Geld, hierarchische Strukturen und sinkende gesellschaftliche Anerkennung
die Weißkittel fehlen könnten, ist das neue Arbeitsgesetz, wonach der Bereitschaftsdienst künftig als Arbeitszeit gelten muss. So sieht es zumindest die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) http://www.dkgev.de, die vor einem „massiven Personalnotstand“ warnt. Die neue Regelung dürfe nicht in Kraft treten. Andernfalls brauche man bis zu 27.000 zusätzliche Ärzte. Die Ärztegewerkschaft Marburger Bund (MB) http://www.marburger-bund.de bezeichnete diese Zahl nach Angaben der Tageszeitung Die Welt http://www.welt.de als "Lüge". Mit geeigneten Arbeitszeitmodellen seien maximal weitere 7.000 Ärzte nötig.
Doch es könnte für die Ärzte noch schlimmer kommen. Im aktuellen Spiegel http://www.spiegel.de sagt der Mediziner und Gesundheitsforscher Matthias Schrappe einen „Abschied vom Halbgott in Weiß“ voraus. Die Forderungen der Klinikärzte, 30 Prozent mehr Gehalt zu bekommen, hält Schrappe nicht nur für völlig irreal, sondern auch für den Ausdruck einer tiefen Identitätskrise. „Das Selbstverständnis des ärztlichen Berufs ist in Frage gestellt“, so der Mediziner, der seit September 2005 als hauptamtlicher Dekan an der Universität Witten-Herdecke http://www.uni-wh.de tätig ist. Heute fehlten den jungen Ärzten die Zukunftsperspektiven. Wegen der Zulassungsbeschränkungen sei die Gründung einer lukrativen Großstadtpraxis kaum möglich. Und als Facharzt im Krankenhaus gebe es immer weniger Aufstiegsmöglichkeiten, da nur 10.000 Chefarztpositionen zu vergeben sind.
„Das gesamte Gesundheitssystem steht vor gewaltigen Umwälzungen“, sagt Michael Sander, Geschäftsführer des Lindauer Beratungsunternehmens TCP Terra Consulting Partners GmbH http://www.terraconsult.de und Vorstand des CareHelix Instituts für Management und Dialog im Gesundheitswesen (CIM) http://www.carehelix-institut.de. Der Arztberuf im Krankenhaus wird immer mehr zu einer ganz normalen Dienstleistung. Das ist keine Welt à la Schwarzwaldklinik, wo es Halbgötter in Weiß und eine Menge Amouren und Romanzen gibt. Krankenhausärzte von heute müssen Dienstleistungen unter den Aspekten Transparenz und Qualitätssicherung erbringen“.
Hinzu kommt die Not mit dem lieben Geld. Deutsche Krankenhausärzte beziehen ein Jahresgehalt von 56.455, französische eins von 116.077, niederländische verdienen 175.155 und amerikanische sogar 267.993 US-Dollar. Neben den im Vergleich geringen Jahresgehältern deutscher Krankenhausärzte und dem grassierenden Imageverlust wirft die streng hierarchische Ordnung in deutschen Krankenhäusern Probleme auf. „Hier handelt es sich um ein klassisches Führungsproblem. Sicherlich muss heute der kleine Krankenhausarzt nicht mehr am Wochenende das Auto des Chefarztes waschen. Doch nicht nur Frank Ulrich Montgomery, der Vorsitzende der Ärztegewerkschaft Marburger Bund, spricht von Zuständen wie im preußischen Feldlazarett. Eine bessere und modernere Personalführung würde es den Fachärzten in den Kliniken deutlich erleichtern, vielleicht 30 Jahre in einem Haus zu bleiben, ohne jemals Chefarzt zu werden. Wenn hoher Arbeitsstress, vergleichsweise geringe Verdienst- und Aufstiegsmöglichkeiten und ein schlechtes soziales Klima zusammen kommen, wirkt das nicht eben motivierend“, lautet die Einschätzung von Marc Emde, Mitglied der Geschäftsführung der Kirch Personalberatung http://www.kirchconsult.de in Köln. Die Zukunftsaussichten sind allerdings nicht sehr rosig: Schrappe prognostiziert, dass noch ein langer schwelender Konflikt zu erwarten sei.
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